Sonntag, 28. Februar 2016

Wir haben das Streiten verlernt. Dank an die sozialen Apps.

Es ist der Wahnsinn. Wir leben in einer Welt mit wahnsinnig tollen Möglichkeiten, die verfügbaren Technologien sind der Hammer. Auf meinen Laptop, das Internet und vor allem das Smartphone will ich auf keinen Fall verzichten müssen. Aber gerade das Smartphone hat so seine Tücken. Wer ein Smartphone hat, gilt als immer online und immer verfügbar. Einige meiner Freunde und Bekannten haben das Anzeigen des Onlinestatus und die Lesebestätigung in den Kurzmitteilung-Apps bewusst abgeschaltet, da sie sich nicht dem Stress aussetzen wollen direkt antworten zu müssen, sobald sie eine Nachricht gelesen haben.

Das Smartphone kann uns viel Arbeit abnehmen, in Zeiten ohne Arbeit dient es der Beschäftigung und eigentlich immer wenn Zeit ist dient es dem sozialen Austausch über diverse Apps. Aber gerade dieser soziale Austausch kann zum Stress werden. Der Sender am anderen Gerät erwartet eine rasche Rückmeldung sobald die Nachricht als gelesen markiert ist. Es besteht wenig Verständnis dafür, dass man möglicherweise keine Zeit oder im Moment keine Lust hat zu antworten. In der Konsequenz schalten einige eben diese Lesebestätigung aus.

Wirklich bedenklich finde ich aber diese absolute Abart schwierige Themen oder gar Streitgespräche über Kurzmitteilungen zu führen. Das Phänomen beobachte ich in meinem Freundeskreis leider erschreckend häufig und auch ich selbst hatte da auch so meine Erlebnisse in den vergangenen Jahren. In jüngster Vergangenheit hab ich mich gerade zu dem Thema mit ein paar Leuten unterhalten. Und ich versteh es nicht. Das heißt, nein. Eigentlich verstehe ich es doch.

Wir sind mittlerweile fast alle irgendwie vernetzt… Facebook, WhatsApp, iMessage….. Wir pflegen unsere Sozialen Kontakte über diese Netzwerke. Sehen uns vielleicht seltener, bzw. häufiger durch den Bildschirm der in unseren Händen liegt. Wenn ich nun auf jemanden sauer bin, muss ich nicht warten bis ich diese Person wieder sehe. Ich muss noch nicht mal aktiv werden, mich aus dem Haus bewegen oder auch nur irgendwo anrufen. Nein. Ich kann eine für mich recht gefahrlose Option wählen, die sofort verfügbar ist. Es ist ein bisschen wie als würde man seinen Frust ins Tagebuch schreiben. Nur viel besser. Statt ins Tagebuch schreiben wir einfach eine Kurzmitteilung. Und der Frust wird recht ungefiltert bei der Person abgeliefert die wir für unseren Frust verantwortlich machen. Das bei einer Textnachricht sehr wichtige nonverbale Informationen verloren gehen - da gar nicht vorhanden - kommt uns gar nicht in den Sinn. Wir vernachlässigen voll und ganz den Fakt, dass mein Gegenüber möglicherweise völlig unvorbereitet von dem Frust überrascht wird, wir wissen nicht in welcher Situation er diese Nachricht erhält und wir wissen auch nicht wie er diese Nachricht auffasst. Von Problemen mit der Autokorrektur wollen wir mal gar nicht anfangen. Man lädt also seinen Frust mehr oder minder ungefiltert irgendwo ab. Um dann nicht mehr verfügbar zu sein. Man benutzt eine Einbahnstraße. Und eigentlich ist das ziemlich unfair. Das ist ein bisschen so als ob man jemandem aus dem Schlaf heraus ein rohes blutiges Schnitzel ins Gesicht klatscht und dann schon wieder zum Fenster raus ist, bevor der andere überhaupt nur die Chance hat zu Fluchen.

smartphonestreit
Bildquelle: https://flic.kr/p/C2zce8

Ein Streitgespräch über WhatsApp zu führen ist der Missbrauch eines sozialen Netzwerkes als asoziales Netzwerk. Und obendrein ziemlich feige. Zumindest wenn man gar nicht dazu bereit ist das betreffende Thema dann auch im direkten Kontakt zu besprechen. Weil dann müsste man sich ja dem möglichen Gegenwind des Anderen aussetzen. Und das wollen wir ja lieber mal vermeiden. Weil wir dann angreifbar sind, uns unsere Verletzlichkeit dann bewusst wird. Und dann kommt mir der erschreckende Gedanke, dass wir gar nicht mehr richtig streiten können. Dass wir vielleicht gar nicht mehr in der Lage sind einer Gegenpartei zuzuhören, Kritik anzuhören, reflektieren und anzunehmen. Vielleicht werden wir im Zuge der Weiterentwicklung virtueller sozialer Netzwerke immer egoistischer und selbstbezogener.

Vielleicht sollten wir auch einfach mal alle aufhören Diskussionen über eine winzige Tastatur in ein elektronisches Gerät einzuhacken und uns mit den Tücken der Autokorrektur rumschlagen. Viellicht sollten wir mehr miteinander reden und weniger schreiben. Ich für meinen Teil hab mir überlegt, dass ich vielleicht in Zukunft gar nicht mehr auf emotionales Geblaffe in Kurzmitteilungen eingehen möchte. Schon allein weil es mir viel zu anstrengend ist die richtigen Worte für die schriftliche Form zu finden. Es ist nämlich so, das es auf der schriftlichen Ebene sehr viel schwieriger ist einen Text so zu verfassen, dass beim Empfänger genau die Information ankommt, die ich als Sender beabsichtigt hatte. Im realen Kontakt können hier nonverbale Signale eingesetzt und gedeutet werden. Oder man fragt einfach schnell nach. Konflikte klären sich
face-to-face einfach wesentlich effizienter und zielorientierter.



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